Lesen lernen und üben ohne Streit
- Isabelle Montanaro
- 4. Okt. 2024
- 3 Min. Lesezeit

Geht nicht? Geht doch! Das Lesenlernen ist für Kinder eine grosse Herausforderung. Oft entstehen dabei Spannungen, wenn der Fortschritt nicht so schnell geht, wie es sich Eltern oder Kinder wünschen. Doch mit etwas Vorbereitung und der richtigen Herangehensweise kann das Lesenlernen nicht nur stressfrei, sondern auch mit Freude gelingen.
Was sollen wir lesen?
Damit die Kinder gerne lesen, müssen wir ihren Lernstand und ihre Interessen berücksichtigen. Kurz und knackig gesagt: Wir müssen sie da abholen, wo sie sind. Das beginnt mit der Auswahl des Lesestoffes.
Ein guter Weg ist es, mit deinem Kind gemeinsam in eine Bibliothek oder einen Bücherladen zu gehen. Vielleicht bringt dein Kind auch Bücher aus der Schulbibliothek mit nach Hause. Wenn ihr gemeinsam Bücher aussucht, schaut nicht nur den Einband an – öffnet das Buch und werft einen Blick hinein. Der Text sollte nicht zu klein geschrieben sein, und Bilder können helfen, das Interesse zu wecken. Besonders empfehlenswert sind Buchserien für Leseanfänger. Buchhändler und Bibliothekarinnen helfen ebenfalls gerne weiter.
Falls euch das Buch nicht gefällt oder ihr merkt, dass es noch zu schwierig ist, dann legt es zur Seite. Dein Kind soll hier unbedingt mitentscheiden. Lesen soll Spass machen.
Wann, wie lange und wie oft?
Wenn möglich, lest ihr jeden Tag zur gleichen Zeit in einer störungsfreien Umgebung. Am Anfang braucht dein Kind deine aktive Unterstützung. Das kann zum Beispiel morgens vor der Schule, abends vor dem Schlafengehen oder auch vor dem Abendessen sein. Die Dauer der Lesezeit hängt davon ab, wie lange dein Kind sich konzentrieren kann. Zehn Minuten sind ein guter Anfang – mehr oder weniger ist natürlich auch möglich. Vertraue deinem Gefühl! Viel wichtiger als lange zu lesen ist, dass ihr jeden Tag übt.
Lesen ist eine komplexe Kulturtechnik, die nicht über Nacht erlernt wird. Deshalb sind Rituale und Wiederholungen unverzichtbar. Ein tägliches, festes Zeitfenster zum Lesen schafft Verlässlichkeit und unterstützt das Kind dabei, Schritt für Schritt sicherer zu werden.
Wie lese ich mit meinem Kind?
Das wichtigste Ziel beim gemeinsamen Lesen ist der Spass an Geschichten. Deshalb sollte der Fokus immer auf der Freude am Lesen liegen. Dein Kind liest so viele Buchstaben, Worte und Sätze wie es kann, und du übernimmst, sobald es nicht mehr weiterkommt. Wenn du nicht zu schnell vorliest, lernt dein Kind von dir. Stelle sicher, dass das Kind den Text sieht und leise mitlesen kann. Es hilft auch, wenn du mit dem Finger auf das Wort zeigst, dass du gerade liest. Dieses abwechselnde Lesen hilft dabei, in die Geschichte einzutauchen und motiviert dazu selbst lesen zu lernen.
Kein Druck – kein Streit
Das vielleicht wichtigste Prinzip beim Lesenlernen: Kein Schimpfen und kein Bestrafen! Druck erzeugt Widerstand und nimmt dem Kind die Freude am Lernen. Stattdessen sollte das gemeinsame Lesen nur Spass machen.
Falls du trotz regelmässigem Üben merkst, dass ihr trotz regelmässigem Üben über längere Zeit keine Fortschritte macht, kann es sinnvoll sein, die Lehrperson deines Kindes zu kontaktieren. Sie wird sicherlich gern weiterhelfen.
Und noch zum Schluss…
Es gibt keinen festen Richtwert, nach wie vielen Wörtern, Büchern oder Tagen dein Kind flüssig lesen kann. Jedes Kind ist anders. Mache aus der Lesezeit wertvolle Qualitätszeit, die ihr beide geniessen könnt. Erwarte nicht, dass dein Kind etwas kann, was es noch nicht gelernt hat – das führt nur zu Frust auf beiden Seiten. Hole dein Kind dort ab, wo es steht. Die einzige Erwartung sollte sein, dass ihr jeden Tag lest.
* Weiter Tipps gibt es in den nächsten Blogartikeln. Falls du konkrete Fragen hast, stell diese doch in den Kommentaren. Ich freue mich auf dein Feedback!
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